Erwartungen

Erwartungen und ihre Auswirkungen auf Psychologie, Kommunikation, Selbstmanagement, Zufriedenheit und Glück sind ein interessantes Thema. Erwartungen beeinflussen unsere Wahrnehmung und unsere Interaktionen mit anderen Menschen. Wenn wir hohe Erwartungen haben, können wir enttäuscht werden und uns unzufrieden fühlen. Auf der anderen Seite können niedrige Erwartungen dazu führen, dass wir uns selbst einschränken und unser Potenzial nicht voll ausschöpfen.

Was sind Erwartungen überhaupt?

Erwartungen sind Vorstellungen oder Annahmen wie sich zum Beispiel eine Person verhält oder verhalten soll. Wir haben auch Erwartungen an Situationen, wie diese sich entwickeln. Erwartungen haben wir an Andere oder an uns selbst. Wir können positive als auch negative Erwartungen haben. Hinter Erwartungen stecken in der Regel Idealvorstellungen von einer Reaktion oder einer Entwicklung.


Zufriedenheit hat was mit dem Erwartungsmanagement zu tun

In der Psychologie sagt man, Zufriedenheit entsteht aus Übereinstimmung aus unseren Erwartungen und dem Handlungsergebnis. Fällt das Handlungsergebnis gleich oder besser aus als die Erwartung, sind wir zufrieden. Demnach gilt: Reduzieren wir die Erwartungen, steigern wir die Zufriedenheit.


Wie entsteht eine Erwartung?

Laut Psychologie bilden sich Erwartungen aus vier Bereichen:

  1. Bedürfnisse
  2. Wünsche
  3. Wunschvorstellungen
  4. Versprechen oder Empfehlungen

Teilweise basieren hohe Erwartung auch auf bisherigen Erfahrungen in der Vergangenheit. Diese können positiv wie negativ gewesen sein, sodass sich hieraus eine entsprechende Erwartungshaltung entwickelt.

Wer an sich und sein Umfeld zu hohe Erwartungen stellt, riskiert Enttäuschungen, Unzufriedenheit und im schlimmsten Fall Depressionen. Im Zwang, alles zu perfektionieren, verlieren wir uns häufig selbst. Wer sich zu hohe Ziele setzt, kann weit in die Tiefe stürzen. Und er verpasst, sein Leben zu leben.

Doch – so sagt der Schweizer Psychiater Daniel Hell – oft geraten solche Menschen mit zu hohen Erwartungen in eine Depression. Er nennt die Depression einen Hilfeschrei der Seele gegen zu große Erwartungen.

Wir haben uns durch Erziehung daran gewöhnt, Erwartungen zu erfüllen und Erwartungen zu haben bzw. diese sogar zu stellen. Tatsächlich sind Erwartungen Gift in jeder Kommunikations-Beziehung. Zwangsläufig müssen sie enttäuscht werden.

Erwartungen erkennen

Du erkennst und findest Erwartungen sprachlich in Worten wie „soll, sollten, hätte sollen er/sie es soll, der andere sollte..“

Das passiert dann…

Ein „soll/sollte/solltest“ setzt deinen Gesprächspartner in ein Schuldverhältnis. In eine Bringschuld. Es muss erst xyz erfüllt werden, um dieses oder jenes zu bekommen. Es muss erst xyz erfüllt werden um anerkannt, geliebt oder als ok empfunden zu werden. Höre: wie hört sich das an, wenn die Erwartung als solche ausgesprochen wird. „Ich erwarte von dir, dass…“ – klingt nicht wertschätzend, oder?

Hmmm, so geschrieben klingt das nicht schön, oder?

Wenn wir so sprechen, passiert das:

Jeder Satz mit „soll/sollte/solltest“ ist ein Drängen, aus dem eine Pflicht entsteht. Erwartungen schnüren uns zu. Pflichten mögen wir nicht. Erwartungen führen zu Urteilen. Die Freiwilligkeit geht verloren.

Das kannst du tun:

Nimm deine Erwartungen zurück.

Mach dir bewusst: wieviel Erwartungen hast du an dich und Andere? Fang an, dir selbst zu geben, was du bislang von Anderen erwartest. Frage dich immer, ob du das machst, was du von Anderen erwartest. Schenke dir selbst, was du von Anderen erwartest.


Das wird dein Leben in wenigen Wochen zum positiven Verändern. 

Darf ich denn gar keine Erwartungen haben?

Erwartungen sind doch normal? Im Wort steckt schon WARTEN drin. Du kannst Wünsche haben und diese äußern. Ob der Wunsch erfüllt wird, bleibt dem Anderen überlassen – sonst ist es kein Wunsch mehr. 

»Wenn du etwas erwartest,
kannst du darauf warten oder
enttäuscht werden.«

Keine Lösung:

„Wer nichts mehr von Anderen erwartet, kann auch nicht länger enttäuscht werden!“ Das ist leider auch nicht die Lösung, sondern sogar gefährlich! In Wahrheit steckt dahinter eine negative Erwartungshaltung: Der oder die Andere wird mich eines Tages verraten oder enttäuschen. Also antizipiere ich das schon jetzt und nehme den Kummer darüber vorweg. Der vermeintliche Gleichmut entspringt vielmehr einer vorweg genommenen Dramaturgie – aus Hoffen, Bangen, Trauern und Loslassen.

Besser ist:

Selbstreflektion: Mögliche zu hohe Erwartungen an Andere erkennen und zurücknehmen. Prüfe, wie angemessen und realistisch sind diese. Von anderen, gänzlich unrealistischen Erwartungen verabschiede dich direkt…

5 Erwartungen, von denen wir uns frei machen können

Ob wir zufrieden sind oder nicht, hängt also auch viel mit unseren Erwartungen zusammen. Tatsächlich erwarten wir ständig viel zu viel von uns selbst und auch von Anderen.

Erwartungen rauszunehmen hilft. Hier ein kleiner Start und eine Inspiration von Erwartungen, die ihr reduzieren könnt, um zufriedener zu sein.

1. Alles soll nach Plan laufen

Weg von der Idee, vom Plan, dass alles wie in der Merci- oder Marmeladenwerbung läuft. Alle die Kinder haben, wissen das. Ihr stellt euch idyllisch etwas vor (Picknick), und was bekommst du? Das Leben und die Realität.

Niemand ist perfekt. Wir sind ebenfalls nicht perfekt.

2. Das Leben muss gerecht sein.

Wenn du auf diesen Ausgleich hoffst, folgt Verbitterung.

Warte nicht auf einen Ausgleich. Vielleicht kommt er, vielleicht nicht. Vielleicht siehst du ihn nicht. Das Leben ist uns nichts schuldig.

3. Andere müssen mich glücklich machen.

Niemand ist für dein Glück verantwortlich außer du selbst. Wir sind nicht der Mittelpunkt der Welt. Wir sind nicht einmal der Mittelpunkt für einen bestimmten Menschen. Das ist die Vorstellung aus der Märchenwelt, dass es diesen einen Mensch gibt, der sich für uns „aufgibt“ und alles für uns tut. Mal ehrlich: das ist in der Realität weder gesund noch realistisch. Und wer will das schon wirklich haben? Tatsache ist, jeder hat sein eigenes Leben.

Du bist der Mittelpunkt für dich. Das Gute ist, du bist auch nicht dafür verantwortlich, dass andere Menschen glücklich sind.

4. Andere wissen, was ich denke – sie können Gedanken lesen

Niemand kann in unseren Kopf gucken. Stell dir für eine Sekunde vor, das würde gehen? Lieber nicht, oder…Zum Glück ticken wir alle anders, und so schätzen wir Situationen und Verhalten alle komplett anders ein. Niemand tickt gleich. Auch wenn wir uns das manchmal wünschen, dieses gleiche Schwingen. Mehr als Ähnlichkeiten und die eine oder andere Übereinstimmung werden wir nicht finden.

Teile deine Bedürfnisse und Wünsche mit.

»Du bekommst,
was du möchtest,
weil du danach fragst,
und nicht,
weil jemand das errät.«

5. Perfekt sein

Von uns selbst erwarten wir so unfassbar viel – weil wir so viel wollen. Tatsache ist, wir sind keine Maschinen. Wir wollen alles im Griff haben. Tatsache ist, dass wir ganz viel nicht im Griff haben. Wenn wir ehrlich sind, sogar das Meiste. Das fällt uns einfach schwer zu akzeptieren; wir wollen alles kontrollieren und „im Griff“ haben. Fakt ist, eine winzige Veränderung in einer Sekunde, kann dein Leben komplett auf den Kopf stellen. Ein Unwetter, Krieg, Unfall, Lottogewinn (das ist nicht immer ein Segen) und so weiter. Die Erwartungen sind einfach viel zu hoch. Wir arbeiten am Ideal. Dieses Ideal gibt es nicht.

Es ist erlaubt, sich durchzuwursteln.

Ausnahme: Versprechen

Zunächst sind Erwartungen nicht viel mehr als eine Annahme oder Meinung. Etwas anderes gilt allerdings, wenn diese auf Versprechen, Verabredungen oder Vereinbarungen basieren. Im Falle von gemeinsamen Absprachen und Verträgen ist die Erwartungshaltung gerechtfertigt und deren Erfüllung unsere Pflicht. Ein einseitiger Wortbruch – wie zum Beispiel bei Unpünktlichkeit – wird zurecht als respektlos oder arrogant empfunden. Was man verspricht, sollte man auch einhalten.


Weitere Tipps

Mehr reden statt erwarten

Erwartungen erfüllen sich nicht durch Warten. Verwandele deine Erwartungen in Kommunikation. Sprich offen darüber und lerne deine Wünsche zu formulieren und deine Bedürfnisse offen an- und aussprechen. Erkläre genau, was du brauchst und warum. Ich weiß, ihr habt gelernt, euch nicht zu rechtfertigen. Zumindest diejenigen, die mir fleißig folgen und/oder in meinen Seminaren sind. Erinnert ihr euch? Es ist ein schmaler Grat zwischen Rechtfertigung und sinnvoller Erklärung. Wenn ich Menschen bewegen möchte, etwas für mich zu tun, dann hilft es, wenn sie den Sinn, den Grund verstehen. Wenn ich dir sage, bitte schenke mir 27 Euro dann werde ich diese vermutlich nicht bekommen. Mit der richtigen Geschichte, einem Sinn werde ich vermutlich mehr Glück haben. Deine Wünsche und Bedürfnisse zu formulieren, geht zum Beispiel so:

  • Es ist toll, wenn du…
  • Ich freue mich, wenn du…
  • Ich brauche von dir…
  • Ich wünsche mir von dir…
  • Kannst Du bitte…
  • Es macht mich glücklich, wenn…

Wichtig: Höre auch zu, was der oder die Andere dazu zu sagen hat. In einem solchen Dialog auf Augenhöhe werden falsche Hoffnungen abgebaut und überzogene Erwartungen erst gar nicht geschürt. Zudem lassen sich gegenseitige Erwartungen klären und in gemeinsame Vorstellungen und Pläne überführen. Natürlich basiert das immer auf Freiwilligkeit – jede Seite darf sich frei entscheiden, ohne Druck.

An die eigene Nase fassen

Erwartungen sind keine Einbahnstraße. Was du von Anderen erwartest, erwarten diese womöglich auch umgekehrt von dir – immer und überall. Können und wollen wir das erfüllen? Wie wirkt das auf dich? Erzeugt es Stress und Druck? Genauso fühlen sich vielleicht auch deine Familie, Freunde und Kollegen. Von Gotthold Ephraim Lessing stammt das schöne Zitat: „Beide schaden sich selbst: Der zu viel verspricht und der zu viel erwartet.“

Insgesamt ist es wichtig, unsere Erwartungen zu reflektieren und anzupassen,
um ein gesundes und erfülltes Leben zu führen.