Kommunikation im Netz
Netiquette und Chatiquette im Netz – alles gleich oder alles anders?

Netiquette

Umgangsformen für unser Kommunikationsverhalten im Netz. Der Begriff Netiquette ist ein Kunstwort aus den Wörtern „Net” (englisch für Internet) und „Etiquette” (französisch für Verhaltensregeln). Diese wurde schon vor vielen Jahren als allgemeine Empfehlungen für das Verhalten beispielsweise in Foren eingeführt und 2010 sogar in Form von Höflichkeitsregeln seitens des Deutschen Knigge-Rats teilweise übernommen.

Chatiquette: Umgangsformen beim Chatten

Na, kommt dir das auch schwer und spießig vor? Hmm, was heißt spießig eigentlich? 

Manchmal hilft ein Blick auf das Gegenteil. Das Gegenteil von spießig ist cool. Mit spießig ist üblicherweise engstirnig, kleinkariert, kleinlich gemeint. Und wenn das Wort Umgangsformen ertönt, hören wir doch unsere Eltern oder Großeltern, die vielleicht gar mit erhobenen Zeigefinger ermahnen „was sich gehört und was nicht“. Spießig…laaaangweilig…

Gegenfrage:

Warst du schon mal genervt über einen WhatsApp-Chat? Über eine endlose Diskussion oder gar einen Streit in einer WhatsApp-Gruppe? 

Also ich kenne kaum jemanden, der nicht genervt ist. Genervt über die Länge der Nachrichten, die Art der Diskussion oder gar einen Streit. Dabei sind Chats und Gruppen superpraktisch – wenn wir sie doch angemessen nutzen. 

Und was ist angemessen? Am Ende ist es doch so: Ob etwas einen Vorteil bringt, hängt von unserer Haltung, unserem Blickwinkel ab. Unser Blickwinkel und unsere Haltung sind entscheidend. Damit fängt in der Kommunikation einfach immer alles an. Du entscheidest über positiv oder negativ. 

Stimmt nicht, sagts du? Weil die anderen nerven? Da hast du auch recht :-). Wenn du Klarheit über die Art und Weise von Kommunikation hast und wie du einen Chat oder eine Gruppe zum Vorteil nutzen kannst, dann kannst du dazu beitragen. In dem du Regeln einführst. Netiquette und Chatiquette. 

Warum eskaliert Kommunikation in Chats und Gruppen eigentlich so oft?

Chats gehören zur asynchronen Kommunikation. Senden und Empfangen finden zeitlich versetzt statt. Mindestens zwei Parteien tauschen sich aus, wechseln sich mit ihren Beiträgen ab. Vergleiche den Chat mit dem Brief. Meine Nachricht kommt nicht unbedingt sofort beim Empfänger an. Beide Parteien sehen sich nicht von Angesicht zu Angesicht. Ich habe keinen Anhaltspunkt, in welcher Situation ich mein Gegenüber gerade erwische.

Im Chat haben wir einen eingeschränkten Kanal – das passt nicht wirklich, denn Kommunikation ist vielschichtig. Wenn wir miteinander reden, macht die Körpersprache über 50 %, die Mimik, Gestik und Stimme machen über 30 % aus.

Und wenn wir diese nicht haben, denken wir sie automatisch dazu – wir denken uns Körpersprache, Mimik, Gestik und Tonfall aus, obwohl sie gar nicht vorhanden sind. Das ist völlig ok, solange es um unmissverständliche Fakten ohne Konfliktpotenzial geht und wir uns in einer neutralen oder positiven Gemütslage befinden. Stoßen wir im Chat auf Widerspruch und ärgern uns, ändert sich das sofort. Unser inneres Ohr hört dann schon mal eine unsympathische Fistelstimme, ein hektisch gebrülltes Argument, eine Flut an Argumenten, und so weiter. Und wir ärgern uns noch mehr, antworten darauf; der andere liest unseren Beitrag ebenfalls verärgert und unterlegt ihn seinerseits automatisch interpretierend mit passend aggressiver Körpersprache, Gestik und Stimme. Der Konflikt schaukelt sich auf.


Konflikte sind schon von Angesicht zu Angesicht eine Herausforderung – in der asynchronen Kommunikation kommen wir da fast gar nicht raus – behalte das im Hinterkopf. Wir verfallen dem Muster, dass wir uns im Chat so unterhalten können, wie von Angesicht zu Angesicht. Das ist nicht der Fall.

Deshalb lohnt es sich, ein paar Faustregeln im Hinterkopf zu behalten, damit die Kommunikation im Chat nicht für zusätzlichen Frust sorgt.

Allgemein für Chats

  • Erst denken, dann schreiben. Vor dem Absenden noch einmal durchlesen.
  • Nicht ungeduldig werden, wenn jemand nicht umgehend antwortet. Nicht gleich ein ungestümes „???“ hinterhersenden.
  • Keine Bewertung – kommuniziere so, dass dein Gegenüber nicht in eine Rechtfertigung verfallen kann („du hast noch gar nicht geantwortet“).
  • Keine Kettenbriefe weiterschicken.
  • Besser keinen Streit per Messenger austragen. Wenn du das Gefühl hast, es entstehen Missverständnisse, sag deinem Gesprächspartner, dass du kurz telefonieren möchtest. Der Vorteil ist, ihr kommuniziert zeitnah, abwechselnd und deine Stimme kommt dazu. Sie überträgt deine Emotion. Du kennst das selbst, du kannst einen Satz in 10 Varianten sagen und je nach Ton und Stimmlage, bekommt der Satz immer ein gänzlich andere Bedeutung. Von Versöhnung, Vorwurf, Wut, Sarkasmus, Beleidigung, Charme, Wohlgesonnen-Sein, Verständnis und so weiter.
  • Bleibe grundsätzlich höflich und bedenke, dass am anderen Ende Menschen sitzen.
  • Fasse Dich möglichst kurz und vermeide die Autokorrektur- und allzu auffällige Rechtschreibfehler.
  • Vorsicht mit Abkürzungen. Wenn dein Gegenüber erst googeln muss, was du sagen möchtest, stört das.
  • Achte auf deine Ausdrucksweise: Schreibe nicht in GROSSBUCHSTABEN, sie sind schwer zu lesen und verlangsamen das Lesen. Großbuchstaben bedeuten, dass du das geschrieben schreist – das wiederum ist unhöflich. Nutze Versalien (Schlaumeier-Wissen

Besonderheiten in Gruppen

  • Hier empfiehlt es sich, gänzlich Sprachnachrichten zu vermeiden, da diese später inhaltlich nicht mehr auffindbar sind und in bestimmten Situationen gar nicht abgehört werden können.
  • Keine Geburtstags- oder Urlaubswünsche, Oster-, Silvester- oder Weihnachtshasenvideos. Wenn du zum Geburtstag gratulieren möchtest, dann kannst du das in einer privaten Nachricht machen. Allein hier in der Aufzählung sind es schon 5 Anlässe. Addiert mit der Anzahl an Personen – da kommen schon viele lieb gemeinte Nachrichten zusammen. In einer Gruppe haben die nichts zu suchen – außer natürlich, ihr seid euch einig, dass ihr das wollt :-). Definitiv ist das eine Möglichkeit, mehr Ruhe in eine Gruppe zu bekommen. Gerade diese Art von Nachrichten haben oft einen hohen „Nerv-Faktor“.
  • Gib deinen Namen im WhatsApp Namen (Einstellungen: WhatsApp Name) an – ein Gebot der Höflichkeit. So sehen auch Gruppenmitglieder, die nicht in den Kontakten gespeichert sind, deinen Namen.
  • Vermeide private Gespräche: Wenn du dich nur mit einer oder wenigen Personen aus der Gruppe austauschen oder verabreden möchtest, verwende einen privaten Chat – ansonsten sind die anderen Gruppenmitglieder schnell genervt oder fühlen sich außen vorgelassen.
  • Wenn jemand aus der Gruppe ausgetreten ist, denke daran die Person privat anzuschreiben :-) – sie kann es ja nicht mehr lesen (30x „Tschüss“, „alles Gute“ usw. nervt und hat keinen Nutzen).


  • Keine Beleidigungen und Lästereien: Wie im echten Leben gilt auch im Gruppenchat, dass niemand beleidigt werden soll. Ebenso „Lästereien“ über Leute, die nicht im Chat sind, sind tabu.
  • Nicht zu viele Nachrichten hintereinander – und nutze die Antwortfunktion, damit deine Antwort der Frage zugeordnet werden kann.
  • Findet das verbindende Element. Einigt euch, wofür die Gruppe überhaupt da ist und dass ausschließlich darüber gesprochen wird. Alles andere macht ihr in anderen Gruppen oder privat. Ihr habt zum Beispiel eine Weiterbildung besucht und wollte den Kontakt halten. Die Verbindung ist das Thema, Ernährung zum Beispiel. Dann tauscht ihr euch über andere Veranstaltungen aus („ich gehe zum dem Kongress, ist noch jemand dabei?“), oder gebt euch TV- und Buchtipps etc. Wenn ihr euch Tipps über das neueste Strickmuster geben wollt, macht ihr eine Strickmuster-Gruppe auf.
  • Manchmal macht es auch Sinn, sich darüber zu verständigen, worüber man nicht spricht. Das können besondere Konflikthemen sein (Thema Impfen in der Kita-Gruppe)

Technik und Kopp

Es ist nicht das Handy, das dich geißelt, sondern dein Geist. Du entscheidest, wie du dein Handy/Social-Media/WhatsApp nutzt. Du kannst deine Regeln für dich festlegen und umsetzen. Es zwingt dich ja keiner, jede Minute auf dein Handy zu schauen. Dein Umfeld wird sich daran gewöhnen und Vertrauen entwickeln, dass du da bist, in Kontakt und in Kommunikation bist. Auf jeden Fall ist es wichtig, dass du bei dir bist, deine Regeln gelten für deinen Umgang mit den Medien. Es geht nicht darum, Anderen vorzuschreiben, wie sie damit und mit dir umgehen sollen. Es wird ja auf Dauer schwer möglich, sich von jedem Kontakt zu merken, wie und wann du kommunizieren darfst.

In jedem Fall lohnt es sich, sich mit deinem Gesprächspartner auszutauschen. Wenn du zum Beispiel keine Sprachnachrichten magst und mit deiner Freundin viel im Austausch bist, dann ist es gut, wenn ihr darüber einig seid. Es ist also ein schmaler Grat zwischen deinen Wünsche an dein Gegenüber und dem, was du selbst für dich löst. Diese Mühe lohnt sich, da ihr dann einen guten Kontakt habt.

Befreie dich von dem Druck „nichts verpassen“ zu wollen. Du musst auch nicht sofort antworten. Es reicht, wenn du in deinem Rhythmus deine Nachrichten checkst und antwortest, wann du möchtest.

Nutze die Einstellmöglichkeiten, um Whats-App optimal zu nutzen.

  • Passe die Benachrichtigungseinstellungen an. Du kannst alles auf lautlos stellen.
  • Pop-Up-Nachricht kannst du abstellen.
  • Nutze die Funktion »ungelesen« – damit du weißt, dass du später noch antworten möchtest
  • Fixiere deine Beträge, so bleiben Sie immer ganz oben und die drei wichtigsten Nachrichten rutschen dir nicht nach unten.
  • Wenn du Unternehmer:in bist, nutze WhatsApp Business. Du kannst viele zusätzliche Funktionen nutzen, wie zum Beispiel automatische Antworten. Hier kannst du dich für die Nachricht bedanken und informieren, in welchem Zeitfenster du antwortest. Und du kannst sogar auswählen, wer diese automatischen Nachrichten nicht bekommen soll (beispielsweise Freunde, wenn du kein Extra-Firmenhandy hast).
  • Nutze die Umfragefunktion. Das spart Zeit beim Schreiben und das Ergebnis ist viel schneller gesammelt. Egal, ob es um Termine oder um Abfragen geht. Stell dir vor, du willst herausfinden, ob ihr euch mal treffen wollt. Nun überlegt ihr, ob live oder online. Du ahnst schon, wie lang die Kette an Antworten von „ja“, „weiß nicht“, „egal“, „nee lieber live“, „ich richte mich nach der Mehrheit“ und weiter ist.
  • Eine Umfrage kann so aussehen:
  • »Treffen möchte ich mich am liebsten: Live – Online – Egal. «
  • Jetzt kannst du genau sehen, wieviele teilgenommen haben und welche Antwort wieviele Stimmen hat. Du ersparst dir das mühsame Antworten zusammentragen. Und das Antworten ist auch viel einfacher, weil du nicht mal tippen musst, lediglich einen Haken setzen. So fix geht das :-)
  • Nutze auch die Broadcast-Funktion. Die Broadcast-Listen-Funktion erlaubt es dir, eine Nachricht an mehrere Kontakte auf einmal zu senden. Broadcast-Listen sind gespeicherte Listen von Kontakten, denen du einfach immer wieder Nachrichten senden kannst, ohne sie jedes Mal neu auswählen zu müssen. Im Unterschied zu einer Gruppe können sich die Kontakte einer Broadcast-Liste aber nicht sehen oder miteinander kommunizieren.


Das waren längst nicht alle Tipps… was hat sich bei euch bewährt? Was klappt gut? Welchen Weg hast du gefunden? Schreib mir. 

Und bei allem gilt: Es gibt wenig richtig und falsch. Es gibt „passt für euch“ oder „nicht und wird dann passend gemacht“. Denn wir sind alle ganz individuell und haben unterschiedliche Bedürfnisse. Und es gilt auf diese zu hören und zu versuchen, für deine Bedürfnisse und die der Mitkommunizierenden einen guten Weg zu finden. Immer mit Blick auf den positiven Aspekt. Denn Messenger können die Kontakte zu Menschen halten, gerade wenn wir nicht so viel Zeit haben. Sie haben einen super Netzwerkcharakter und du kannst Wissen und Emotionen teilen. Und wie immer gilt – wir entscheiden – nicht die Technik.