Hilfe! Eine Prüfung!

Viele kennen das: eine Prüfung steht an und plötzlich verhält sich unser Gehirn ganz merkwürdig. Im Volksmund spricht man dann von Prüfungsangst. diese trifft uns nicht nur als Auszubildende, sondern auch bei berufsbegleitenden Fort- und Weiterbildungen oder auch bei Vorstellungsgesprächen. Aber was ist das eigentlich genau und was kann man dagegen tun?

Prüfungsangst

... ist eine Form der Angst, die Menschen erleben, wenn sie sich einer Prüfung stellen müssen. Diese Angst kann sowohl psychische als auch physische Symptome hervorrufen und die Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigen. Zu den Symptomen gehören:

  • Körperliche Symptome: Zittern, Schweißausbrüche, Herzrasen, Übelkeit
  • Psychische Symptome: Nervosität, Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnisprobleme, negative Gedanken


In einer Studie wurde festgestellt: Jede/r vierte Betroffene konnte wegen Prüfungsangst nicht den Wunschberuf ergreifen.

  • Kaum jemand nimmt Hilfsangebote in Anspruch – obwohl die Auswirkungen der Angstzustände gravierend sein können.
  • Fast die Hälfte der Betroffenen fühlt sich mit der Angst nicht ernst genommen.
  • Für mehr als die Hälfte sind zu hohe Selbstansprüche ein wesentlicher Grund für die Prüfungsangst. Das betrifft übrigens ganz besonders die Generation Z. Sie vergleicht sich wie keine andere Generation, was wiederum den Druck erhöht. Dummerweise steigt damit noch mehr die Hemmschwelle, sich Hilfe zu holen (die anderen scheinen es ja auch nicht zu brauchen).

[Quelle: Kurzstudie Prüfungsangst bei der 1.600 Personen im Alter von 16 und 65 Jahren befragt wurden, repräsentativ verteilt nach Alter und Geschlecht, www.iu.de internationale Hochschule, Erfurt]

Ursachen der Prüfungsangst

Prüfungsangst kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden, darunter:

  • Hohe Erwartungen: Sowohl von sich selbst als auch von Eltern, Lehrern, Arbeitgeber, Partnern etc.
  • Druck: Der Wunsch, perfekt zu sein oder Angst vor dem Versagen.
  • Negative Erfahrungen: Schlechte Leistungen in der Vergangenheit oder traumatische Prüfungssituationen.
  • Unzureichende Vorbereitung: Mangelndes Wissen oder fehlende Lernstrategien

Kennt ihr solche Sätze?

Und? Helfen diese meist gut gemeinten Aussagen? Null. Im Gegenteil. Sie sorgen dafür, dass du dich möglicherweise zurückziehst, versuchst noch mehr zu rechtfertigen, damit du endlich verstanden wirst und so weiter.

Wie wäre es, wenn du frei von deinem Umfeld bist und deine Ängste selbst bewältigen kannst? Geht das? Definitiv. Dazu brauchst du Mut und den festen Willen, es wirklich anders zu machen als in deinem vorherigen Prüfungsleben. Wir machen nämlich meist einfach von Prüfung zu Prüfung immer dasselbe – wursteln uns so durch und der Leidensdruck wird meist eher höher.

Vorab: Bei echter Prüfungsangst kann es hilfreich oder notwendig sein, tiefgreifendere Unterstützung zu holen.

Tipps zur Bewältigung von Prüfungsangst:

Vorbereitung und Planung

  1. Frühzeitig beginnen: Der Klassiker. Baue dir viele kleine Lernbereiche. Fall nicht rein auf „Unter Druck lerne ich am besten“ – das ist ein Stressbooster.
  2. Lern-Zeitplan erstellen: Mach dir einen echten, realistischen Plan. Schreib ihn auf. Und das Wichtigste: Baue Puffer ein (krank, Ereignisse, die unvorhersehbar eintreten können). So kannst du entspannt und ohne schlechtes Gewissen auch mal „alle Fünfe gerade sein“ lassen.
  3. Loslassen: Plane regelmäßige Pausen ein. Sie helfen, die Konzentration zu behalten und Erschöpfung zu vermeiden.
  4. Trinken: Dein Auto fährt nicht ohne Benzin oder Strom, dein Kopf braucht Wasser. 
  5. Ernährung: Beste Junk-Food-Zeit. Leider ein Lernkiller. Das gönne dir, wenn alles fertig ist. Jetzt brauchst du Fisch (Omega-3-Fettsäuren, Haferflocken, Beeren, Spinat, Brokkoli, Eier, Nüsse).
  6. Selbstfürsorge: Mach alles, was dir hilft, damit du entspannst: Aromadüfte, Duftkerze, Körnerkissen, Wärmflasche.
  7. Pomodori-Methode: Du findest sie gleich hier unten – lerne nach der Methode des Zeitmanagements. Egal wie sehr du anfangs denkst, das geht nicht. Bei über 90 % meiner Kunden klappt es.

Lernpsychologie anwenden

  1. Aktives Lernen: Verwende Techniken, wie Zusammenfassungen schreiben, Mindmaps erstellen oder mit anderen diskutieren. Bewege dich, verändere deine Position, sprich dir Lernkarten als Voice-Nachricht und höre sie dir beim Spaziergang an.
  2. Aktiviere beide Gehirnhälften (Jonglieren, Radfahren, Joggen, Spazierengehen, Gehirnaktivierungsübungen).
  3. Selbsttests: Teste dich regelmäßig selbst, versuche deinen Stoff anderen zu erklären (im Selbstgespräch).
  4. Visualisierung: Stelle dir den Prüfungsstoff bildlich vor, um das Gedächtnis zu unterstützen.
  5. System: Lerne wenig auswendig. Fange mit deinen Lieblingsthemen an. Was gar nicht in den Kopf geht: Bulimielernen - je nach Umfang kurz vor der Prüfung, maximal drei Tage.
  6. Sei mutig: Trau dich auf Lücke zu lernen. Wenn alles zu viel wird, mach die Worst-Case-Türe auf. Kannst du wiederholen? Wann? Wie oft? Wenn es passt, lass einfach was aus oder lerne es ein bisschen und spiele Lotto, Hauptsache der Rest klappt. Wenn alles gut geht, schaffst du alles, oder holst genau das eine Fach nach. Vorteil: Volle Konzentration auf ein Fach. Im Zeugnis oder auf dem Zertifikat steht nachher nicht, „xy hat im 3. Anlauf bestanden“.

Entspannungstechniken

  1. Atemübungen: Tiefe, langsame Atemzüge können helfen, Nervosität zu reduzieren. Wichtig ist die AUSATMUNG, am besten mit dem Buchstaben „F“. Es gibt auch gute Apps, die dich visuell unterstützen.
  2. Muskelanspannung muss raus: Egal wie du das machst, da gibt es hunderte Methoden.
  3. Meditation und Achtsamkeit: Regelmäßige Übung kann helfen, deinen Geist zu beruhigen und die Konzentration zu verbessern.
  4. Mindset: Schmeiß deinen Perfektionismus raus. Manchmal reicht es einfach zu bestehen. Beachte auch, was du sonst noch alles im Leben rockst. Für  Perfektionismus ist vielleicht Raum, wenn du ganz viel Zeit, Geld und Unterstützung hast.
  5. Befreie dich: Befreie dich von allem, was geht. Du hast zu Hause keine Ruhe, dann lerne woanders, Hol dir jede kleinste Unterstützung. Das bringt nix? Ha, von wegen. 1 Krümel macht nicht satt. 7 Krümel ergeben einen Keks, 14 Krümel sind schon 2 Kekse.

Positive Einstellung

  1. Positive Selbstgespräche: Ersetze negative Gedanken durch positive Affirmationen.
  2. Visualisierung des Erfolgs: Stell dir vor, wie du die Prüfung erfolgreich meisterst.
  3. So-tun-als-ob: Tue so, als ob alles gut geht und du souverän deine Prüfung rockst.
  4. Motivation: Setze dir Belohnungen für das Erreichen von Lernzielen.

Und jetzt?

Vielleicht denkst du jetzt „Ja, das weiß ich doch alles, es hilft nicht.“ Frage: Hast du das wirklich alles mal angewendet? Dich konsequent darangehalten? Strikt ein Stoppschild bei einschränkenden, negativen Gedanken gesetzt? Der Unterschied liegt im Machen, nicht im Denken. Und: „Glauben ist nicht wissen“ – falls du jetzt gedacht hast, das bringt nichts.

Eines meiner vielen Lebensmottos lautet: „Erst testen, dann lästern“. Wenn du es immer gleich machst, kannst du nicht erwarten, dass es anders wird. Und trau dich, dir Hilfe zu holen. Achte darauf, welche Hilfe du holst. Ist die Person qualifiziert? Probevorträge vor Menschen, die nie Vortragen, bringen dich nicht weiter. Es gibt Coaches und/oder Lerncoaches.

Ich war während meines berufsbegleitenden Studiums bei einem Lerncoach. Ohne ihn hätte ich mein BWL-Studium mit meiner Dyskalkulie sicher nicht geschafft. Übrigens ist mir das Lernen nicht in die Wiege gelegt und mein Erwachsenenleben habe ich damals mit 15 Jahren, einem Hauptschulabschluss und einer 5 in Mathe begonnen. Du siehst, es ist viel möglich. Trau dich. Du hast alles in dir, was du brauchst, lege es frei.

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